Die Fehlaromen – Klassifizierung
Die einzelnen Kapitel des Bewertungsschemas orientieren sich an üblichen Verkostungsbögen wie sie überall mit einer einfachen Google-Recherche zu finden sind. Es wird empfohlen eine Verkostung in der vorgeschlagenen Reihenfolge durchzuführen.
Die Unterscheidungsmerkmale sind selbsterklärend. Hingegen benötigt das weite Feld der Geschmacksfehler (Fehlaromen), Brau- und Bierfehler Differenzierung
Fehlaromen können in drei Kategorien unterteilt werden:
Braufehler | Fehler am Brautag |
Bierfehler | Fehler im Rezept |
Fehlaromen | Erkennen und Klassifizieren |
Bei der Verkostung fällt auf, dass etwas mit dem Bier nicht stimmt? Hier ist das kleine Fehlaromenseminar des Kleiner Brauhelfers 2, Teil III, um Fehlern auf die Spur zu kommen.
Nicht immer können die Kategorien trennscharf gegeneinander abgegrenzt werden. Hier muss der Brauer entscheiden, was am ehesten zutrifft. Letztlich ist die Auflistung der Brau- und Aromenfehler ein Werkzeugkasten, um unangenehme Ergebnisse auszuschließen. Denn: Nichts freut den Brauer bei einer Verkostung mehr als ein langgezogenes “Aaaahhh”. Das ist der Weg, das ist das Ziel.
Fehlaromen
Unter Fehlaromen versteht man sensorisch gut zu identifizierende Geschmacksabweichungen, die das Geschmackserlebnis Bier beeinträchtigen. Das Gute ist, dass die jeweilige Abweichung recht eng begrenzt auf den auslösenden Fehler in der Prozesskette zurückzuführen ist.
Diacetyl
a. Butteraroma = Fehlaroma überwiegend in Lagerbieren, ranzig. Abhilfe: Diacetylrast = 2-3 Tage bei höherer Tage zusätzlich gären vertreibt die schwefligen Aromen
Dimethylsulfid (DMS)
b. Gekochtes Gemüse, Kochmais = Fehlaroma durch ungenügendes Würzekochen v.a. heller Malze, zu lange Standzeiten im Whirlpool. Abhilfe: mit ausreichender Kochzeit DMS austreiben, mäßige Whirlpool-Standzeiten bei 10-20 min, rasches Abkühlen auf Anstelltemperatur
Acetaldehyd
c. Grüner Apfel (häufig) = Fehlaroma Jungbukett, mostartig, stechend, faulig. Abhilfe: längere Lagerung, Kontakt mit Sauerstoff vermeiden, bessere Hygiene.
Oxidation
d. Nasser Karton, Pappe = Fehlaroma durch Oxidation, muffig, abgestanden, erdig, Katzenurin. Abhilfe: Sauerstofftransfer in heiße Würze, zu viel Kopfraum in Flasche vermeiden, Umfüllvorgänge unter Luftabschluss durchführen. Kein blubberndes Umschütten.
Lichtgeschmack
e. Stinktier = Fehlaroma verbrannter Gummi, intensiv schwefelig, fäkalienartig. Entsteht durch UV-Strahlung von Tageslicht. Abhilfe: keine Lichtexposition, keine grünen oder weißen Flaschen. Nur Braunglasflaschen.
Käse
f. Stinkfuß, ranziger Geschmack = Fehlaroma von altem Käse, alte Socken, Schweißfüßen. Mit zunehmendem Alter des Bieres abnehmend. Abhilfe: frischen Hopfen verwenden, Hopfen korrekt lagern (vakuumiert, Kühl- oder Gefrierschrank), einwandfreie Hygiene beim Brauprozess.
Seife
g. Waschmittel = Fehlaroma Seife, ölig-fettig. Ursache: zu langer Verbleib des Jungbiers auf Hefesediment. Anfällig sind leichte Biere und Lagerbiere. Abhilfe: Saubere Abtrennung von Heiß- und Kalttrub, spätestens nach 4 Wochen vom Geläger für Nachgärung umfüllen.
Sauer
h. Essigstich = Fehlaroma von Essigsäure, saure Äpfel, scharf. Ursache sind immer Infektionen mit Wildhefen hervorgerufen durch zu hohe Gärtemperatur, nicht geeignete Gefäße, ungenügender Sauerstoff beim Anstellen. Abhilfe: genügend O₂ beim Anstellen, Hefenährstoffe (u.a. Zink, Zinkoxid), vitale Hefe, richtige Hefedosierung, ausreichende Lagerung, nicht lebensmittelechte Kunststoffe vermeiden.
Lösungsmittel
i. Fingernagellack = Fehlaroma von Acteon, Farbverdünner, Klebstoff im Abgang von untergärigen Bieren. In belgischen Witbieren in Ordnung. Abhilfe: genügend FAN beim Anstellen, Hefenahrung Zink, Ankommen der Gärung in 12-24 h, empfohlene Richttemperatur.
Medizinisch
j. Medizingeschmack, Heftpflaster = Fehlaroma von Krankenhaus, Hustensirup, Mundspülung, Hallenbad durch Kombination mit chlorhaltigen Reinigungsmitteln. Abhilfe: Maische- und Läutertechniken genau befolgen, Reinigungs- und Desinfektionsmittel peinlichst auswaschen, Hefemenge für den Bierstil beachten, kein gechlortes Brauwasser verwenden.
Chlorphenol
k. Plastik = Fehlaroma von Spitalgeruch, Leukoplast durch Kunststoffteile in der Braukette (Schläuche, Dichtungen) und Rückstände chlorierter Desinfektionsmittel. Abhilfe: nur lebensmittelechte Kunststoffe in der Braukette, kein chloriertes Brauwasser, mikrobiologisch sauber arbeiten.
Metall
l. Eisen, Tintengeschmack = Fehlaroma von Blut und Tinte durch Rückstände von Metallbehältern aus Eisen, Aluminium, Stahl, aber nicht Edelstahl. Abhilfe: Edelstahlausrüstung einsetzen, eisenhaltiges Brauwasser (Fe > 1 mg/l) meiden.
Muffig
m. Schimmel = Fehlaroma von Pilzaroma, moderig, miefig durch Schimmelpilze bei feuchter, nasskalter Gärung oder verpilzte Malzkörner. Abhilfe: Gärfässer immer in trockener, dunkler Umgebung aufbewahren, Malz immer trocken lagern, optimale Hygienepraxis.
Alkoholisch
n. Franzbranntwein = Fehlaroma übermäßiger Alkoholkomponenten, Aceton, Farbverdünner. Heißbrennend im Rachen, hervorgerufen durch Fuselalkohole wie Propanol, Butanol als auch Phenolalkohole. Kleine Konzentrationen können bei Bieren mit hohem Alkoholgehalt wie Barley Wine oder Strong Ales erwünscht sein. Abhilfe: Gute Abscheidung von Heiß- und Kalttrub, keine extremen Temperaturwechsel, Gärtemperaturen über 27 °C vermeiden, Hefesediment (Geläger) sauber abtrennen.
Gras
o. Rasenmähernote = Fehlaroma von geschnittenem Gras. Bei gewissen hellen Ales erwünscht. Ursache: Meist durch Schimmelpilze und Bakterien befallenes Malz, nicht korrekt gelagerter Hopfen. Abhilfe: trockene Malzlagerung, Malz erst vor dem Einmaischen schroten. Hopfen vakuumieren und einfrieren.
Schwefel
p. Faule Eier, Zündholz = Fehlaroma von schwefelhaltigen Quellen, Abwasser, Kanalisation, junger Weißwein gebildet durch Schwefeloxidation beim Würzekochen, Fermentation, Reifung mit Autolyse, Aluminiumkontakt, auch mikrobakterielle Infektionen. Abhilfe: Sekundärgärung, Würze ausreichend belüften, korrekte Hefegabe und Fermentationstemperatur, Hefe-Autolyse durch Entnahme vom Geläger vermeiden.
Hefe
q. Hefebrot, schwach-schweflig = Fehlaroma von reiner Hefe, Hefebrot, hervorgerufen durch Bier über längere Zeit auf Hefesediment. Jungbier: Wenn Flokkulierung noch nicht abgeschlossen ist. Abhilfe: Nachgärung in separaten Gärbehälter. Beim Ausschenken nicht aufwirbeln.
Süßearoma
r. Aufdringlich süß = Fehlaroma ist zuckerig, sirupig, marmeladig, Bonbon, hervorgerufen durch nicht genügend abgebauten Restextrakt, zu viel Caramalze (> 10 %), unvergärbare Zucker, Hefestamm ohne Alkoholtoleranz, Temperatursturz blockierte Hefe. Abhilfe: Maltoserast verlängern, bei niedriger Temperatur nachgären, mit Zucker versetzen und erneut mit Hefe vergären (Aufkräusen). Hohe Hefequalität mit vitaler Hefe, richtige Anstelldichte (Starter), geeigneter Hefestamm. Für trockene Biere: Hefe mit hohem Vergärungsgrad, Hefenährstoffe, tieferr Temperaturbereich als empfohlen meiden; schlafende Hefen durch sanftes Schwenken aufwirbeln und Temperatur langsam erhöhen.
Ziegenstall
s. Bockig = Fehlaroma mit brennendem Geschmack, ranzigem Geruch, hervorgerufen durch Octansäure. Typisches Anzeichen bakterieller Infektion. Abhilfe: Keine, nur Entsorgen.
Bitterkeit
t. Unangenehme Bitterkeit = Fehlaroma ist kratzig, adstringierend durch schlechten oder übermäßig viel Hopfen und fehlender Komplexität und Balance. Abhilfe: Optimale pH-Werte beachten, Hopfenmenge und -sorten variieren, pH, Temperatur und Sudkochzeit verringern, mikrobakteriell sauber arbeiten.